„Wir müssen hin zu einer Umbauordnung!“

Rede zur aktuellen Stunde der SPD „Wie bezahlbares Wohnen in Bayern gelingt“ am 02.02.2023.

Die Rede im Wortlaut:

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Ministerpräsident, ich habe den Eindruck, Sie sind zwar hier, aber nicht anwesend; denn Sie unterhalten sich. – Er ist hier, aber er ist immer im Zwiegespräch. Ich freue mich aber, wenn Sie jetzt zuhören. Ich denke, hier sind Zuschauer*innen auf der Tribüne, die sehen, dass es hier wie in einer Schulklasse zugeht: Einer quatscht immer und hört nicht zu.

Wir sind uns im folgenden Punkt einig: Es wird immer schwieriger, Wohnraum zu finden, den sich auch Menschen ohne hohes Einkommen leisten können. Hinzu kommt, dass die hohen Baukosten die Situation verschärfen. Dies ist natürlich dem globalen Wirtschaftssystem zu verdanken; hier trifft aber weder Bayern noch den Ministerpräsidenten die Schuld, der sich hier weiterhin gut unterhält.

Vor allem die Preise für energieintensive Produkte wie Stahl oder Glas legten tatsächlich noch einmal zu. Es ist unglaublich, wenn für das eigene Bauprojekt die Preise für die Verglasung plötzlich um 50 % steigen. Die Preise für Stahl sind gerade dabei, sich nahezu zu verdoppeln. Deshalb ist man mit dem Neubau auf dem Holzweg. Der Preisanstieg wird sich weiter fortsetzen; die Wirtschaftskrise wird an- dauern. Wir müssen umdenken.

Meine Rede ist ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, dass wir den Neubau ad acta legen, ihn nur in wenigen Ausnahmen zulassen und gucken, wie wir mit dem Bestand umgehen können, wie wir sorgsam und achtsam umbauen, anbauen und auch Leerstände nutzen können.

Um dahin zu kommen, braucht es aber Handlungsperspektiven. Lieber Herr Bauminister, wir müssen gucken, wie wir von dem ewigen Mantra – bauen, bauen, bauen – wegkommen und uns strategisch ganz neu aufstellen. Statt ungezügelt neu zu bauen und immer mehr Flächen zu verbrauchen, müssen wir den bestehenden Wohnraum besser und effektiv nutzen.

Es geht darum, den Fokus auf den Bestand zu richten, auf Recycling und auf kreislaufgerechtes Bauen. Das ist ein Perspektivenwechsel, der in der Tat wahrscheinlich erst in Ihre Köpfe hineinmuss. Ich muss weiter ausholen.

Wir brauchen natürlich regulatorische Grundlagen. Wie könnten diese aussehen? – Unsere Bauordnung muss ganz anders aufgestellt werden. Es muss in Richtung Umbauordnung gehen, und zwar zu einer Umbauordnung von Leuten, die in der Baubranche mitdenken und durchaus auch bauen wollen. Dazu gehören insbesondere die Architektenkammer und die Ingenieurekammer. Von ihnen kommt ein ganz starkes Plädoyer, die Bauordnung in eine sogenannte – halten Sie sich fest, ein neues Wort in diesem Raum – Umbauordnung umzupolen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was steckt dahinter? Hier wird weiterhin eingefordert, das Ziel „Bauen im Bestand“ zu fördern. „Nutzung des Bestands“ heißt auch, beim Einsatz von Baumaterialien verstärkt auf Recyclate zu setzen. In unseren Städten und Siedlungen ist eine riesige Menge an Sekundärrohstoffen verbaut, die es intelligent zu nutzen gilt. So können Bauteile aus der näheren Umgebung sozusagen „geerntet“, überarbeitet und neu verbaut werden.

Vielleicht können Sie Ihre Phantasie ein bisschen sprießen lassen.

– Ich bitte weiterhin um Ruhe. – Das Potenzial des Gebäudebestandes ist riesig. Es gibt einen riesigen Leerstand in Bayern. Der Kulturbericht, den wir neulich im Bauausschuss hatten, hat tatsächlich eine gigantische Zahl in den Raum gestellt. Wenn wir potenzielle Räume nutzen würden, die schon vorhanden sind, würden wir auf einen Schlag circa ein bis zwei Millionen Wohneinheiten schaffen können. Das sind gigantische Zahlen, die man erst einmal verarbeiten und auf Bayern herunter rechnen muss. Vielleicht ist es auch für unseren Ministerpräsidenten interessant zu erkennen, dass er seine Schätze in Bayern noch gar nicht kennt.

Es gibt noch eine Geschichte, auf die ich mich besonders freue, nämlich die des Gebäudetyps E in Bayern. Das ist wirklich ein großer Wurf unseres Bauausschusses, der in dem Fall fraktionsübergreifend zusammengearbeitet hat.

Sie sehen, es gibt Perspektiven, man muss nur umdenken, um Wohnraum in Bayern kostengünstig zu schaffen.

Eine Fortsetzung wird folgen. Mit dieser einen Rede wird es nicht getan sein. Wir werden Anträge stellen und Anhörungen durchführen.

Präsidentin Ilse Aigner: Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ursula Sowa (GRÜNE): Meine Redezeit ist leider zu Ende. Wie gesagt, es werden weitere Reden folgen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

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