Werksbesuch: Bosch Bamberg setzt auf Wasserstoff und hofft auf E-Fuels

Bosch Bamberg arbeitet an stationären und mobilen Brennstoffzellen. Grüne sprachen bei einem Besuch mit der Werksleitung über das Thema Wasserstoff.

„Hier wird Zukunftstechnologie entwickelt“, kommentiert Ursula Sowa die Forschungen an mobilen und stationären Brennstoffzellen bei Bosch in Bamberg. Gemeinsam mit Mitgliedern der Stadtratsfraktion GRÜNES BAMBERG, des grünen Kreisverbands sowie der Referentin von MdB Lisa Badum und des Bamberger Zukunftsrats besuchte sie am 03. Dezember 2020 das Bamberger Bosch-Werk. Rund 7.000 Beschäftigte sind dort derzeit tätig, wie Werkleiter Dr. Martin Schultz berichtet. Mehrere hundert davon arbeiten an der Brennstoffzelle, bis zu tausend Beschäftigte in diesem Bereich könnten es langfristig nach Unternehmensangaben werden – sollte der erhoffte Erfolg bei mobiler und stationärer Brennstoffzelle einsetzen.

Diesen lässt sich Bosch einiges kosten. Rund eine halbe Milliarde Euro hat man bereits in Forschung und Entwicklung der Brennstoffzellen investiert und will zeitnah die Serienproduktion in Bamberg, Wernau und Homburg ermöglichen. 2024 sollen stationäre Brennstoffzellen in Serie vom Band gehen – in einem jährlichen Umfang, der der Stromversorgung von rund 400.000 Menschen in ihren Haushalten entspricht. Hervorstechend ist nach Unternehmensangaben dabei der Gesamtwirkungsgrad der Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC) von mehr als 85 Prozent. „Ich freue mich sehr über die zukunftsfähigen Investitionen am Standort Bamberg“, so Ursula Sowa. „Und ich bin sicher, Bosch kann in diesen Sektoren sogar noch weitaus stärker werden, als angenommen.“

In etwa zwei Jahren soll auch die mobile Brennstoffzelle (siehe Foto) Serienreife erlangen. Aktuell wiegt der Stack einer mobilen Brennstoffzelle mit rund 120kW 80 Kilogramm. Drei solcher Stacks könnten in der Zukunft einen Lastwagen antreiben und dabei einen wichtigen Beitrag zu klimaneutraler Mobilität leisten. Voraussetzung hierfür ist freilich, dass ausschließlich grüner Wasserstoff zum Einsatz kommt, d.h. Wasserstoff, der mit Strom aus erneuerbaren Energien produziert wurde.

„Für die Produktion von grünem Wasserstoff werden allerdings große Mengen von erneuerbarem Strom benötigt“, ergänzt Sowa. „Vor Ort werden wir diesen Bedarf schlichtweg nicht decken können, bestenfalls über groß dimensionierte Importe aus beispielsweise Nordafrika oder Lateinamerika.“ Sowa fordert darum mehr Engagement für den Ausbau der erneuerbaren Energie in den Regionen. „Der Ausbau darf von Bundesregierung und Bayerischer Staatsregierung nicht länger ausgebremst werden. Nur dann hat auch die Wasserstoff-Strategie am Standort Bamberg eine Chance.“

H2-Tankstellen, oder: Das Henne-Ei-Problem

Problematisch für den Umstieg auf Wasserstoff im Bereich Mobilität ist zudem, dass für den Betrieb von LKW mit Brennstoffzellen auch entsprechende Tankstellen vonnöten sind. Bisweilen wurde dabei die Verantwortung oft hin- und hergeschoben: Braucht es erst Tankstellen, oder erst Fahrzeuge? Mittlerweile gibt es für Tankstellen zwar Fördermittel vom Freistaat, die Modalitäten allerdings verhindern laut Bosch noch, dass es hier zu schnellen, sektorübergreifenden Lösungen kommt. „Eine erste Tankstelle in der Region wäre ein Anfang “, so Sowa mit Blick auf die Entwicklung des sogenannten Clean Tech Parks auf dem Michelin-Gelände in Hallstadt. 

Abhängigkeit vom klassischen „Verbrenner“ verringern

Eine große Herausforderung sind für Bosch die sinkenden Absatzzahlen bei Dieselfahrzeugen sowie das kolportierte Aus des Verbrennungsmotors, das in zahlreichen Ländern bereits beschlossen wurde. Seit vielen Jahrzehnten werden in Bamberg Sensoren und Düsen sowie Zündkerzen gefertigt. Letztere waren bereits bei der Werksgründung im Jahr 1939 fester Bestandteil und blieben es bis heute. Auch Dieseleinspritzpumpen zählen zu den wichtigsten Produkten. Rund 50 Millionen gehen derzeit jährlich vom Band. Damit machen die Pumpen einen Gros des Umsatzes aus – wenngleich man vor einigen Jahren sogar ein Vielfaches dieser Menge vertreiben konnte.

Bei verschärften gesetzlichen Rahmenbedingungen rechnet Bosch für die Zukunft mit einem Verlust von bis zu 6.000 Arbeitsplätzen am Standort Bamberg, so der Betriebsrat Mario Gutmann. Sein Appell an die Politik lautet deshalb: nicht der Verbrennungsmotor sollte im Zentrum der Kritik stehen, sondern der Kraftstoff. Technologieoffenheit sei ein möglicher Schlüssel zur erfolgreichen Antriebswende. E-Fuels sollten als CO2-neutral anerkannt werden.

„Die Sorgen der Beschäftigten nehme ich sehr ernst. Die Debatte über den richtigen Weg ist auf jeden Fall in vollem Gange“, so Ursula Sowa, die sich über das generell klare Bekenntnis des Unternehmens zu Klima- und Umweltschutz sehr freut. „Letztlich müssen wir als Politik sehr sorgsam abgewogene Entscheidungen treffen, aber auch die Unternehmen haben eine Verantwortung, Veränderungen rechtzeitig zu gestalten.“ Für Sowa ist klar: „Wir Grüne lassen die Beschäftigten in der Zeit des notwendigen Wandels nicht im Stich.“

E-Fuels als Rettungsanker?

Für die Nutzung von E-Fuels in Fahrzeugen habe man in Bamberg das Know-How und könne sowohl die Qualifikation der Mitarbeiter*innen als auch die bestehenden Maschinen weiternutzen, so Werkleiter Schultz. Da auch der globale Bestand von 1,3 Milliarden Fahrzeugen aktuell überwiegend durch das Verbrennen von Diesel oder Benzin angetrieben wird, könnten E-Fuels auch hier umgehend zur Klimaneutralität des Fahrzeugbestands beitragen, so die Bosch-Vertreter.

Doch ähnlich wie beim Thema Brennstoffzelle gilt auch hier die zwingende Voraussetzung, dass die Energie zur Produktion des klimaneutralen Kraftstoffs vollständig aus erneuerbaren Quellen stammt. Die in Deutschland vorhandenen Flächen würden auch hierfür keinesfalls ausreichen, weshalb man auf zahlreiche Anlagen gigantischen Ausmaßes etwa in Nordafrika oder Lateinamerika angewiesen wäre. Bis E-Fuels im größeren, industriellen Maßstab eine ökologisch sinnvolle Ergänzung zur Elektromobilität und den Einsatz von Wasserstoff sein können, wird es aus Sicht der Grünen noch einige Jahre dauern.

„Unter der Voraussetzung, dass Strom und CO2 gemäß nachhaltiger Kriterien bezogen werden und die E-Fuels sinnvoll eingesetzt werden, gibt es letztlich durchaus gute Anwendungsmöglichkeiten“, so Sowa. „E-Fuels können im Flugverkehr, im Schwerlastverkehr und bei besonders schweren Maschinen auf Baustellen eine Rolle spielen.“ Dann hätte auch der Standort Bamberg neben der Brennstoffzelle eine zusätzliche Perspektive.

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