Innovativer Schulbau ist bundesweit ein Thema. Die Bundesländer Berlin und NRW haben sich Schulbaurichtlinien gegeben, von denen sich Bayern einige Punkte abschauen kann.
NRW: Keine Flure in der Schule
Die Flurschule ist in Nordrhein-Westfalen Vergangenheit. Als bisher einziges Bundesland hat NRW den Flur abgeschafft. „Lerncluster und offene Lernlandschaften erfordern Sichtbeziehungen“, so die Schulbau-Richtlinie (SchulbauR) vom Mai 2019. So sollen offene Raumnutzungen und neue Schulbauformen ermöglicht werden. Bereits 2011 hatte NRW verbindliche Größenvorgaben und Raumpläne für den Schulbau abgeschafft – im Unterschied zu Bayern, wo die Schulbau-Verordnung (SchulbauV) sog. Flächenbandbreiten für die verschiedenen Schultypen und Fachräume vorgibt.
Ein weiterer Unterschied zu Bayern: Die NRW-SchulbauR ist eine rein bauaufsichtliche Richtlinie. Denn bisher waren innovative Schulbauten v.a. wegen Vorgaben zu Brandschutz, Rettungswegen und der Notwendigkeit eines Flurs in der Genehmigung gescheitert.
Berlin: Kleine Schule in der großen
Auch Berlin will einheitliche baufachliche Standards für alle Schulneubauten. Zeitraubende Einzelabstimmungen sollen so vermieden werden, denn Berlin hat Aufholbedarf in Sachen Schulbau. Im Mittelpunkt steht die sog. Compartmentschule mit flexibel nutzbaren Räumen. Das Compartment ist eine kleine Schule in der großen, denn „zeitgemäße Pädagogik verlangt ein intensives Miteinander von Lernenden und Lehrenden“, heißt es in der Berliner Schulbauoffensive. Das Ziel: inklusiver, jahrgangsübergreifender Ganztagsunterricht mit einem Forum als Kernstück jedes Unterrichtsbereichs. Es soll je nach Tageszeit als Ort der Begegnung, der Team- oder Gruppenarbeit, als Bewegungsraum oder Pausenzone dienen.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt beim Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz: Alle Neubauten unterliegen den Nachhaltigkeitskriterien der Berliner Verwaltung und müssen mindestens das Anforderungsniveau eines KFW-Effizienzhaus 55 erfüllen.
Vorbild für Bayern?
Bei meiner Schulbaukonferenz im Juni 2021 werde ich diese Modelle u.a. zur Diskussion stellen, um den besten Weg für Bayern zu finden. In Bayern ist im September 2017 eine neue Schulbau-Verordnung (SchulbauV) in Kraft getreten. Eine wesentliche Neuerung in den Vollzugshinweisen stellen die sogenannten Flächenbandbreiten dar. Es gelten nun nicht mehr bestimmte feste Raumgrößen für einzelne Raumtypen, sondern Flächenbandbreiten für unterschiedliche Raumbereiche. Der untere Wert der Flächenbandbreite stellt dabei den Basiswert dar, er ist allerdings nicht als Mindeststandard zu verstehen. Kommunen können seither auch etwas kleiner oder größer bauen als in der Verordnung vorgesehen, sofern sie den zusätzlichen Flächenbedarf mit modernen pädagogischen Konzepten nachweisen. So sind individuelle Schulbauten möglich, je nachdem, was der Schulfamilie wichtig ist, wie z.B. Lehrwerkstätten, Begegnungs- und Ganztagsräume, Mensa, Naturerfahrungsräume – sogar eine Sternwarte kann förderfähig sein!
Diese Freiräume bieten große Chancen – sie müssen aber auch genutzt werden. Deshalb setze ich mich für eine Weiterentwicklung der SchulbauV ein.