Rede vor dem Plenum am 2. Dezember

Endlich wurde die Novelle der Bayerischen Bauordnung im Landtag verabschiedet. Mit uns Grünen wäre sie klimafreundlicher und nachhaltiger geworden. Hier könnt ihr meine Rede dazu anschauen und den Text nachlesen!

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Eigentlich ist es ein großer Tag – schade, dass nicht mehr so viele im Plenum da sind. Ein Gesetz wird verabschiedet. Dies hat ein Jahr gedauert. Dieses Gesetz betrifft sehr viele – die Bayerische Bauordnung hat nämlich auf sehr viele Auswirkungen. Alle, die etwas bauen wollen, alle, die in den Kommunen verankert sind, werden staunen, was hier ab dem 1. Februar gelten soll. Insofern hat es Relevanz, und vielleicht hat es auch Auswirkungen.

Wir hätten uns gefreut, wenn wir dieses Gesetz hätten mittragen können. In Abwägung aller Pros und Kontras kommen wir leider zum Schluss, dieses Gesetz abzulehnen. Warum? – Es fing wirklich gut an. Wir wollten den Wohnungsbau bezahlbarer machen; es sollte schneller gehen. Einige Ansätze gingen auch in die richtige Richtung. In der Konsequenz – das werde ich gleich vorstellen – bleibt es bei einem Hühott-Kurs, der uns missfällt. Die Baupolitik spielt eine ganz große Rolle. Wir hätten gerne gehabt, dass die Schaffung von Wohnraum günstiger und schneller vonstattengeht. Wir sind aber skeptisch.

Ich möchte mich auf vier Punkte konzentrieren. Der erste Punkt betrifft die Einführung einer Genehmigungsfiktion. Schon dieses Fremdwort ist etwas verschleiernd. Darunter versteht man, dass binnen drei Monaten eine Baugenehmigung erteilt werden soll. Das klingt gut. Ich bin Architektin und würde mich freuen, wenn das gelingen würde. Jetzt kommt das Aber. Wenn es die Behörde nicht schafft, in diesem Zeitraum den Antrag, der den Bau von Wohngebäuden bzw. einem Anteil von 50 % betrifft, zu genehmigen, dann bedeutet das, dass der Antragsteller die Verantwortung dafür trägt. Das kann man aus meiner Sicht nur dann begrüßen, wenn man sichergehen kann, dass auch wirklich alles erledigt ist. Das stellt aber das ganze bisherige Prozedere auf den Kopf. Warum haben wir eine Genehmigungsbehörde, wenn sie dann am Ende überflüssig ist?

Insofern ist der Gesetzentwurf nicht ausgereift, viele sind wahrscheinlich überfordert. Ich denke, dieses Schnell-Schnell schadet, wenn es darum geht, Bauqualität zu sichern. Gerade naturschutzrechtliche Belange müssen immer berücksichtigt werden, denkmalschutzrechtliche Belange sind sehr akribisch zu beurteilen. Wenn das jetzt alles frei wird? – Oh, Gott! Das ist wie ein Bumerang, und ich würde sogar sagen: Das ist Bungee-Politik. Man riskiert viel zu viel, weiß aber den Ausgang nicht. Ich möchte dann nicht in der Haut der Leute stecken, die wirklich große Bauvorhaben anvisieren und die Verantwortung übernehmen müssen. Ich bin sicher, hier wird es Proteste geben, aber wir können ja nachregulieren.

Punkt 2, das Abstandsflächenrecht. Herr Körber hat das ja in seiner Frage zum Ausdruck gebracht: Es ist paradox, warum die größten Städte, die den größten Bedarf haben, ausgeklammert werden. Meine Vorrednerin, Frau Scharf, hat bereits zu Recht betont, dass es nach wie vor der Musterbauordnung unterliegt. In anderen Bundesländern unterliegen auch die großen Städte dem allgemeinen Abstandsrecht. Da gibt es keine Ausnahme. Selbst wenn man Ausnahmen haben wollte, wäre ein Instrument gegeben. Das hat sogar die Frau Ministerin in einem Rundschreiben an alle Kommunen und an uns Abgeordnete weitergeleitet, mit der Bitte, es publik zu machen. Es gibt jetzt schon ein Instrument. Wer in manchen Stadtteilen diese Verkürzung der Abstände auf 0,4 H wirklich nicht möchte, kann natürlich Ausnahmen erwirken. Es gibt dafür ein Instrument, und das kann man anwenden, also kein Problem. Vielleicht gibt es auch Proteste von Juristen. Wo bleibt die Gleichbehandlung? Es ist doch absurd, gerade bei den großen Städten, hier Ausnahmen zu machen.

Dass wir eine Verdichtung gutheißen, ist natürlich im Sinne von uns GRÜNEN. Wir wollen nicht den Siedlungsdruck an den Rändern der Städte und Kommunen befördern, sondern ihn durch Angebote in den vorhandenen, bereits gebauten Agglomeraten eindämmen. Das ist richtig.

Jetzt kommt das große Aber. Natürlich kann man sich auch totverdichten, und wir wollten – das geht mit der Forderung der Architektenkammer und von Leuten, die etwas davon verstehen, einher – eine sogenannte doppelte Innenentwicklung, eine wunderbare Idee, wir hätten sie nur aufnehmen müssen. Vielleicht hätten wir dann von grüner Seite auch zugestimmt.

Diese doppelte Innenentwicklung, die von allen Fachleuten gefordert wird, war uns ein Herzensanliegen. Bei der doppelten Innenentwicklung stellt man einen Bauantrag, der der Verdichtung dient, der aber gleichzeitig einen qualifizierten Freiflächengestaltungsplan vorlegt. Ich nenne ein Beispiel: Vier Geschosse sind vorhanden. Durch den Zubau von einem oder zwei Geschossen erfolgt die Verdichtung. Da gibt es die Möglichkeit der Dach- oder Fassadenbegrünung oder die Möglichkeit, den vorhandenen Innenraum zu intensivieren, Bäume zu pflanzen, statt Golfrasen anzulegen. – Das wäre möglich gewesen. Das ist meines Erachtens der zweite Bumerang, der wieder zurückkommt. Wenn wir das Gesetz so beschließen, wird es ein bitteres Erwachen geben. Schade. Ich hoffe, wir können es eines Tages wieder umpolen.

Das neue Baugesetzbuch soll zum 1. Februar 2021 greifen. Das finden wir insofern gut. Dieser Punkt stand so auch in unserm Antrag, der dankenswerterweise aufgenommen wurde, statt noch ein Jahr zu warten, wie die ursprüngliche Intention war. Wir begrüßen die Neuordnungen zum 01.02., um diese Verdichtungsmöglichkeiten zu eröffnen. Ich muss es noch einmal betonen: Schade, ohne eine Begrünung zu sichern. Wenn wir es nicht gemacht hätten, hätte das aber geführt, dass ein Jahr lang die Bauanträge auf Halde zurückgehalten worden wären. Das will ja nun wirklich keiner, denn wir haben ja das gemeinsame Ziel, Wohnraum zu befördern. Insofern begrüßen wir den 1. Februar.

Auch die Kommunen, die sich jetzt vielleicht ein bisschen überrumpelt fühlen, kann man, da sie das Instrument der Satzungsermächtigung haben, beruhigen. Sie müssen jetzt vor Weihnachten noch ein bisschen arbeiten, aber im Januar ist auch noch ein bisschen Zeit, um das zu regeln. Es ist schade. Seit einem Jahr wird hier geplant und gedacht, aber es geht dann doch ein bisschen holprig zu Ende, statt es schön zu planen. Wir Architekten machen in der Planung schöne Vorentwürfe, die dann immer reifer und attraktiver werden. Die Ernte, ein neues Haus zu beziehen – das könnten in diesem Fall der Gesetzentwurf sein –, ist in der Regel eine Riesenfreude. Jetzt ist es etwas verdruckst.

Wir sind uns auch sicher, dass gerade der Freiraum immer wichtiger wird, nicht nur in Corona-Zeiten, sondern überhaupt. Das Gemeinwesen bildet sich künftig in diesen öffentlichen Räumen ab.

Zum Stichwort Klimakrise: Frau Scharf, ich freue mich, dass Sie das nachhaltige und ökologische Bauen betont haben. Vielleicht sind wir gar nicht so weit voneinander entfernt, aber in dem Fall sind die Instrumente in der Bauordnung zu schwach, um diese neuen Herausforderungen zu meistern. Wir hatten wunderbare Anträge gestellt, die leider abgelehnt wurden.

Zum Thema Solaranlagen. Es ist leider nur minimal gelungen, die Solarflächen zu erweitern. Das war ein Antrag von uns, den Sie dankenswerterweise aufgenommen haben, aber wir hätten gerne mehr gehabt, nämlich eine Solarpflicht für alle, sowohl für Neubauten als auch für bestehende Bauten. – Nicht gelungen, schade.

Ich komme zu meinem letzten Punkt, dem Bauen im Bestand. Da ist es doch ge- glückt, dass das Anbringen nachträglicher Wärmedämmung jetzt erleichtert wird. Aufgrund der Abstandsflächen war das immer sehr schwierig, das ist jetzt in Ordnung. Natürlich ging es da nur um ein paar Zentimeter. Wir hätten gerne den großen Wurf gehabt, dass das nachhaltige Bauen wesentlich besser in der Bauordnung verortet wird. Das ist leider nicht gelungen. Ich möchte alle, auch die, die nicht bauen, aber in Gebäuden wohnen, daran erinnern, dass der Neubau und der Unterhalt von Gebäuden tatsächlich mit rund 40 % und daher sehr maßgeblich, zu den globalen CO2-Emissionen beiträgt. Der Gebäudesektor macht 40 % aus, und in diesem Bereich ist noch so viel Potenzial vorhanden. Diese schwachen Instrumentchen, die wir in die neue Bauordnung „hineingebastelt“ bekommen haben, reichen nicht aus.

Ich komme wirklich zu dem Schluss, dass die aktuelle Baunovelle vielleicht ein Stückchen in die richtige Richtung geht. Es ist aber nur ein Stückchen, und ich träume davon, und das ist jetzt nicht nur ein Wunschzettel zu Weihnachten, dass wir im neuen Jahr mit Expertinnen und Experten gleich an der neuen Baunovelle arbeiten. Die muss aus meiner Sicht der große Wurf werden, in der sich Akteurinnen und Akteure wiederfinden.

Es war auch zu vernehmen – und damit möchte ich schließen –, dass die große fachliche Anhörung vor einem Jahr große Erwartungen geweckt hat. Im Laufe eines Jahres fühlen sich ganz viele nicht abgeholt. Auch das sollte man bei einer Neuauflage der Baunovelle, einer grünen Novelle, beachten. Man sollte die Akteure und Akteurinnen miteinbeziehen, die es auch betrifft, die auch etwas davon verstehen, die damit auch arbeiten müssen. – Insofern freue ich mich auf die Zukunft.

(Beifall bei den GRÜNEN)

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